Ich bin im März 1969 etwa 100 Meter vom Ufer des Rheines entfernt geboren. Aufgewachsen in einem Stadtteil von Neuwied am Rhein. Die Stadt ist 1653 gegründet worden mit einem Toleranzedikt, das – damals ungewöhnlich und fortschrittlich – die Einwohnerzahl durch Einladung an Angehörige verschiedener Glaubensrichtungen steigerte. Sie alle durften ihre Religion dort ausüben. Das war sensationell, denn ansonsten musste jeder den Glauben annehmen, dem der Landesherr selbst anhing. Wenn nicht, musste er das Land verlassen.
Von diesem toleranten Geist ist die Stadt bis heute geprägt, Vielfalt ist hier seit Jahrhunderten in der DNA. Das macht sich auch im heutigen Miteinander der Religionen und Konfessionen bemerkbar. Eine eigene Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) hat hier lange Tradition.
Auch für mich war dieser Umstand eine gute Schule für meine persönliche Entwicklung. Ich weiß daher tief um die Bedeutung und Rolle der Vielfalt und Toleranz für das Zusammenleben der Menschen.
Die Feuerwehr und ich
Feuerwehr fand ich schon als ganz kleiner Kerl faszinierend. Eines meiner Lieblingsspielzeuge war eine Feuerwehr-Drehleiter von Siku.
Mein Feuerwehr-Schlüsselerlebnis war ein Brand in einem Haus in meiner Nachbarschaft, als ich 11 Jahre alt war. Die Feuerwehr rettete einen wuscheligen großen Bernhardinerhund aus dem verrauchten Gebäude, der zuvor verzweifelt von innen gegen die Fensterscheiben im verrauchten Obergeschoss springend gesehen werden konnte. Das war für mich so eindrucksvoll, dass ich spätestens seitdem fest entschlossen zur Feuerwehr wollte. Dann 1985 gestartet, musste ich als erster Gymnasiast in dieser Einheit mein Standing schon auch entwickeln.
„Damals hab ich gedacht: Mit dem wird das bestimmt nix“, hat mir kürzlich ein lieber älterer Kamerad schulterklopfend gestanden, denn damals war ich als blasser Schüler in der Truppe gestandener Handwerker wohl tatsächlich ein Exot. Daher kann ich auch einigermaßen gut den Blickwinkel nachvollziehen, den heute andere Menschen haben, die aus eher seltenen Gruppen oder Teilen der Gesellschaft in eine Gemeinschaft wie die Feuerwehr eintreten möchten, aber zunächst erst mal etwas „fremdeln“. Bald kamen aber auch andere Schüler dazu. Schnell wurde diese Truppe auch wie meine Familie. Die erlebte echte und selbstverständliche Kameradschaft auch in schwierigen Zeiten einer Brandstifterserie und nach dem plötzlichen Tod unseres Einheitsführers im Einsatz und dann 2020 in „Corona-Zeiten“ sowie in der Flutkatastrophe 2021 an der Ahr und anderen Orten und ihrer Nachbereitung hat mich bis heute angesprochen und erfüllt.
Verbandsarbeit dagegen fand ich zuerst befremdlich. Was sollte ich mit den meist älteren Herren in den Dienstanzügen mit üppigen Ordensspangen, die man nur auf Sitzungen und Versammlungen erlebte? Ich wollte doch Feuer ausmachen! Erst nach und nach habe ich verstanden, dass die Verbandsarbeit hochwichtig für die Feuerwehr ist. Ohne diese Arbeit hätte die Feuerwehr einen völlig anderen Charakter, wäre sie eine reine gemeindliche Einrichtung, in der andere allein bestimmen, was sie zu tun hat. Feuerwehr ist aber auch eine echte Bürgerbewegung „von unten“, übrigens die größte und eine der ältesten Deutschlands – und das kann durch die Verbände gelebt und gestaltet werden, wenn sie das auch aktiv leben.
Mit üppiger Ordenspange sieht man mich übrigens äußerst selten.
Mache ich das total uneigennützig und selbstlos? Nein! Ich habe viel davon, dass ich mich in Sachen Feuerwehr engagiere. Wie damals bei der Rettung des Bernhardiners freue ich mich und es gibt mir unfassbar viel, wenn wir als Feuerwehr Menschen in Not helfen können. Die Familie, die nachts bibbernd im Schlafanzug vor ihrer brennenden Wohnung steht und der ich Decken besorgen kann, die Mutter mit Kind, die durch unsre Hilfe schnell wieder in ihre Wohnung zurück kann, die ältere Dame, deren Keller nicht mehr voll Wasser steht (und die alleine völlig aufgeschmissen gewesen wäre, ihn per Putzlappen von Wasser zu befreien) oder der Familienvater, der sagt, dass er uns sein Leben verdankt: Wunderbare Erfahrungen, die auch mein Leben bereichern und erfüllen. Seit der Flutkatastrophe 2021gibt es weitere Menschen, die von mir sagen, ich habe ihnen das Leben gerettet. Wenn man so etwas erfahren darf, weiß man, wozu man fast 40 Jahre Feuerwehr-Aktiver ist.
Feuerwehr ist für alle gut und es lohnt sich daher sehr, sich dafür einzusetzen. Genau das tue ich seit vielen Jahren von ganzem Herzen.
Und im Verbandswesen setze ich mich genau deshalb für das Feuerwehrwesen ein. Mein Hauptthema, das ja zum Glück nach und nach auch Andere entdecken: die Feuerwehr ist nicht nur eine Sicherheits-Einrichtung, sondern eine wichtige gesellschaftliche Kraft, die unsere Demokratie stützt. Das wird leider – manchmal selbst in den Reihen der Feuerwehren – zu wenig erkannt, und deshalb wird die Feuerwehr schnell als selbstverständlich „abgehakt“, sodass ihre Bedürfnisse immer noch zu oft nicht angemessen berücksichtigt werden (von einigen Leuchttürmen des guten Beispiels abgesehen).
Grundhaltung
Mein inhaltliches Vorbild in Sachen Grundhaltung ist ein prominenter Pfadfinderbruder, von dessen Tod wir leider am 24. April 2020 erfahren mussten: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_87761372/zum-tod-von-norbert-bluem-wo-er-war-war-auch-ein-bisschen-karneval.html.