Heimat

Der Begriff der „Heimat“ und seine Bedeutung sind gerade um das Jahr 2015 herum wegen des Zustroms an flüchtenden Menschen auch in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert worden.

Auch mir ist meine Heimat wichtig, ja, ich hege liebevolle Gefühle für die Region, die ich „Heimat“ nennen darf. Dabei habe auch ich streng genommen Migrationshintergrund, denn in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, bin ich nur „Zugezogener“, lebe erst seit rund 50 Jahren dort und auch nur meine Eltern haben dort als erste mit unserem Familiennamen ihren Wohnort genommen. Im Kreise „Alteingesessener“ musste ich also vom Kindergarten an immer mal wieder ein wenig außen vor bleiben, denn meine Vorfahren stammen eben aus einer anderen Ecke. Vielleicht auch wegen dieser eigenen, existenziellen Erfahrung von Klein auf ist für mich der Begriff „Heimat“ auch niemals ein exklusiver. Jede andere Person darf sich in meiner Heimat ebenso zu Hause fühlen. Sie darf auch die Heimat jeder anderen Person sein und werden. „Heimatliebe“ hat für mich nichts damit zu tun, andere Personen davon auszunehmen oder auszuschließen.

Der Rhein wird nicht deshalb verschwinden, weil Menschen aus anderen Gegenden der Welt ebenfalls in meiner Heimat ihre Heimat finden. Auch die Vulkanberge der Eifel, der Basalt des Westerwaldes, das Flüsschen Wied oder der Aubach, der durch meinen Heimatort fließt, werden deshalb nicht verschwinden. Deshalb nicht!

Diese so verstandene Heimatliebe erklärt vielleicht auch mein Befassen mit der Vergangenheit meiner Heimat. Gerade aktuell, als diese Zeilen entstehen, befasse ich mich wegen des anstehenden 1000. Geburtstages der ersten urkundlichen Erwähnung meines Heimatortes besonders mit einigen Aspekten seiner Geschichte.

Die Befassung mit der Geschichte ist – das ist eine wichtige Erkenntnis – nicht einfach eine rückwärtsgewandte Nostalgie. Denn aus unserer Geschichte können wir viel lernen. Auch im Feuerwehrbereich gibt es leider Protagonisten, die die Beschäftigung mit Geschichte für „alten Kram“ halten. Zukunft muss für sie ohne Geschichte stattfinden, der Blick auf frühere Verhältnisse ist nur störend und altmodisch. Ein fataler Irrtum! Wer nicht weiß, woher er kommt und somit, auf welchem Boden er eigentlich steht, kann keine Zukunft entwickeln. Er wird immer scheitern. Denn er ist nicht bereit, aus der Geschichte zu lernen.

Auch viele Ideologien haben ja bereits gemeint, ohne Blick auf die Vergangenheit die Zukunft gestalten zu können. Auch sie sind gescheitert, oft grandios. Oder: warum fühlen sich die meisten Menschen in einem Betonklotz nicht wirklich wohl, der doch mal als Bruch mit dem „altmodischen Bauen“ der Vergangenheit als „das Bauen der Zukunft“ propagiert wurde? Warum wohl gerät traditionelles Bauen heute wieder in den Fokus? Warum ist es modern, in traditioneller Trachtenkleidung (oder was man dafür hält) auf Feste zu gehen?

Nein, wenn wir Zukunft gestalten wollen, müssen wir lernen, wie sich Menschen und Gesellschaften entwickeln. Das sehen wir in der Geschichte. Deswegen ist sie unabdingbar und: zukunftsweisend!

Ein Provinzler? Na klar!

Im Rahmen der Auseinandersetzung gab es auch Menschen, die meine Person übel beschimpft haben, da ich zum Kreis der bösen Putschisten gehören sollte.

Dabei wurde ich auch als „Provinzler“ bezeichnet, der daher nicht das Format habe, in der Hauptstadt auf Bundesebene die Interessen der Feuerwehren zu vertreten.

Es ist korrekt: Ich bin ein Provinzler! Und ich bin stolz darauf, dass ich nicht in den Fängen einer Metropole groß geworden bin, die oftmals den Blick auf die „Außenwelt“ nur noch arrogant als „Provinz“ möglich macht. Durch längere Aufenthalte in Millionenstädten wie Istanbul, Athen, London und Berlin kann ich schon ein wenig mitreden, meine ich. Natürlich macht eine Begegnung mit der Kanzlerin oder dem Bundespräsidenten noch keinen Politik-Oberhecht aus mir. Aber bloß, weil jemand einen Aufenthalt im Wald einem in den Clubs der Großstadt vorzieht, ist er noch lange kein Hinterwäldler. Übrigens (Fun-Fact zum Thema „Provinz“): einst war nicht Köln oder Düsseldorf oder Mainz Hauptstadt der Rheinprovinz, sondern das eher kleinere Koblenz, der Sitz unseres Landesfeuerwehrverbandes. Bei uns am Rhein sind sich schon Kulturen der bekannten Welt begegnet, als manche heutige Metropole noch gar keine war. Daher sollte man mit Zuordnungen, wer eigentlich rückständig oder mit zu wenig Format unterwegs ist, sehr vorsichtig sein.

Ihre brillianten schauspielerischen Qualitäten hat Caroline Peters in der Schmunzelkrimiserie „Mord mit Aussicht“ bewiesen. Das Thema dieser Serie ist durchgehend „Provinzialität“ – mit dem Fazit: Wer anderen Provinzialität vorwirft, sollte sich an die eigene Nase packen. Hier ein Foto von ihr bei einem Treffen in Berlin (mein Namensschild ist neben ihr zu erkennen).

Es war in meiner Provinz, in der die ersten deutschen Eisenbahnschienen hergestellt wurden. Ja, die für die Strecke Nürnberg-Fürth! Aus meiner direkten Umgebung stammt auch die Familie Rockefeller – ja, genau die! Ebenso war der Gründer der Waldorf-Astoria-Hotelkette Neuwieder. Auch der Dichter des Textes unserer Nationalhymne lebte in Neuwied. Was auch keiner gedacht hätte: es waren englische Gäste der Neuwieder Herrnhuter Brüdergemeine, die den Fußball nach Deutschland brachten! Auch Goethe sowie die Heilige Elisabeth von Thüringen haben sich bei uns gerne aufgehalten. Und „Vater Raiffeisen“, auch ein Kind meiner Heimat, hat seine weltweit erfolgreiche Genossenschafts-Idee in meiner Heimat entwickelt und umgesetzt. Die Fürstenfamilie zu Wied, Nachfahren des Gründers unserer Stadt, ist in der britischen Thronfolge vertreten. Alles Provinzler, von denen sich mancher „Welt-Held“ eine Scheibe abschneiden kann! So schlecht ist die Provinz nicht!